Georgia Randonnée

Super Sergio

Der kolumbianische Radsport war noch nie so stark. Rigoberto Urán und Nairo Quintana, Wegbereiter in den Nullerjahren, mischen immer noch an der Spitze des Sports mit, und sie bekamen kürzlich Gesellschaft von Wunderkindern wie Egan Bernal – dem Gewinner der letztjährigen Tour of California – und seinem Teamkameraden Ivan Sosa. Aber hat EF Education First Pro Cycling ein Talent zutage gefördert, das alle übertrifft? Rapha sprach mit dem 21-jährigen Sergio Higuita vor seinem Debüt für das Team in Pink bei der Tour of California.

15 May 2019

Hola Sergio. Was hat dich zum Radsport gebracht?

Ich begann wegen einer Lehrerin an meiner Schule zu fahren. Sie hat mich für ein Rennen eingetragen, als ich fünf Jahre alt war. Es fand jedes Jahr statt, und ich nahm teil, bis ich 13 oder 14 war. Ich fieberte immer dem Datum entgegen, und am Vortag konnte ich an nichts anderes denken als an den Kick, den dir das Rennen gibt. Ich habe es nie gewonnen, aber ich war ein paar Mal nah dran.

 

Warst du auch ein Fan des Profiradsports?

Ja, ich begann im Alter von ungefähr zehn Jahren, die Tour de France und den Giro im Fernsehen zu schauen. Es war die Zeit, als Alberto Contador wirklich stark war, also sah ich mir gerne seinen aggressiven Stil an – wie er zehn Mal auf einer Etappe attackierte! Schon in jungen Jahren fuhr ich wie er. Ich trainierte mit meinen Freunden und attackierte sie immer und immer wieder, bis ich platzte! Ich mochte Purito [Rodriguez] und [Alejandro] Valverde auch, aber Contador gefiel mir am besten. Ich erinnere mich, wie ich seinen „Pistolero-Jubel“ zum ersten Mal sah... Ufff!

Hast du deine Fahrweise in deine Profikarriere übernommen?

Klar, ich bin ein sehr angriffslustiger Rennfahrer. Ich liebe es, mich in die Schlacht zu stürzen und alles zu geben, was ich habe. Und ich mag das Leiden, denn nur darum geht es beim Radsport. Ich bin ein Kletterer, der gerne den Rhythmus wechselt, und ich kann auch gut sprinten, obwohl ich sehr klein bin. In einer Ausreißergruppe habe ich normalerweise eine Chance, zu gewinnen.

 

Du warst erst 18, als du beim Team Manzana Postobón anfingst, in Europa Rennen zu fahren. Wie waren diese ersten Erfahrungen für dich?

Es war großartig, aber auch sehr schwierig. Bevor ich in Europa Rennen fuhr, habe ich nur an einem richtigen Rennen in Kolumbien teilgenommen, und das fand ich hart. Mein erstes Rennen in Europa war die Asturien-Rundfahrt. Auf der ersten Etappe hatte ich schreckliche Krämpfe und kam als einer der letzten ins Ziel [Sergio kam auf Rang 92, 23 Minuten hinter dem Etappensieger und neuen EF Teamkameraden Hugh Carthy]. Ich war ein Radsport-Neuling in einem neuen Land und es war schwierig. Aber ich war hungrig. Ich sagte mir: „Morgen wirst du da rausgehen und um das kämpfen, was du immer wolltest.“ Also kämpfte ich, um an diesem Tag in die Ausreißergruppe zu kommen, und ich schaffte es. Es war lustig, weil ich nicht wusste, wie man in der Ausreißergruppe fährt, und ich begann am Fuß der Anstiege zu attackieren, den Rhythmus zu wechseln, alles auseinanderzusprengen. Raul Alarcón, ein altgedienter portugiesischer Fahrer, war dabei und war wütend auf mich, weil ich wie verrückt attackierte. Jetzt sind wir Freunde und können darüber lachen!

Wie bist du an einen Vertrag bei EF Education First gekommen?

Bei der letztjährigen Tour de Colombia gewann ich eine Etappe sowie die U23-Wertung, und ich wurde Fünfter im Gesamtklassement. Es haben sich ziemlich viele Teams für mich interessiert, aber EF Education First hat mich am stärksten umworben. Nachdem ich unterschrieben hatte, sagten sie mir, dass ich für die erste Hälfte dieses Jahres auf Continental-Level für das baskische Team Euskadi fahren soll, sodass ich ein bisschen mehr Erfahrung bei Rennen in Europa sammeln konnte. Ich möchte vor allem etwas lernen, also war es eine großartige Gelegenheit für mich [Sergio absolvierte 23 Renntage für Euskadi, wobei er zwölf Top-Ten-Platzierungen und einen Sieg einfuhr].

 

Wie fühlt es sich an, im Trikot eines WorldTour-Teams zu trainieren – und nun Rennen zu fahren?

Es ist ein Traum. Mit fehlen die Worte, um auszudrücken, wie glücklich ich bin. Aber jetzt muss ich dran bleiben – es war hart, bis hierher zu kommen, und es wird noch härter sein, hier zu bleiben! Ich finde es so aufregend, mein Debüt bei der Tour of California zu geben. Ich freue mich darauf, für Jungs wie Rigo uns Tejay zu arbeiten. Ich habe zu ihnen aufgeschaut, als ich jünger war, deshalb motiviert mich die Tatsache, dass ich an ihrer Seite fahren kann, um mein Bestes zu geben.

Bei welchen Rennen möchtest du in Zukunft gut abschneiden?

Ich würde gerne den Giro d’Italia gewinnen. Es ist ein wunderschönes Rennen. Es ist sehr hart und die Tatsache, dass Kolumbianer wie Esteban Chaves, Nairo Quintana und Rigo Uran dort erfolgreich waren, motiviert mich sehr. Die Tour de France ist ein Rennen, bei dem ich auch gerne gut abschneiden möchte, aber es passt nicht so gut zu meinem Fahrertyp – es gibt gewöhnlich eine langes Zeitfahren. Bei letzterem hoffe ich, mich noch verbessern zu können.