Rapha Handbücher: Mach deinen Kopf frei

Über die meditativen Qualitäten des Radfahrens wird viel geredet, und in der Tat ist eine Menge dran. Hier kommen seriöse Belege dafür, dass Radfahren mentale Entspannung ist.

16 July 2018

Das Leben kann stressig sein. Stolz bilden wir uns ein, es unter Kontrolle zu haben, doch manchmal beschleicht auch die Organisiertesten unter uns das Gefühl, dass ihnen alles über den Kopf wächst. Bei der Arbeit reicht eine plötzliche E-Mail-Flut oder ein spontan angesetztes Meeting, um einen von den eigentlich anstehenden Aufgaben abzulenken. Am Ende des Tages bekommt die gelassene Fassade Risse, und einer nach dem anderen fallen die Bälle, die man den ganzen Tag jongliert hat, zu Boden. Und damit hört es nicht auf. Manchmal ist man selbst zuhause nicht sicher vor dem Chaos.

Seit langem weisen Radfahrer auf die meditativen Qualitäten ihrer Sportart hin. Sie sprechen von dem „Drang“, Rad zu fahren, nicht einfach nur von dem Wunsch. Abgesehen davon, dass regelmäßige Bewegung ein bewährter Stimmungsaufheller ist, scheint das Radfahren eine tiefere, bedeutendere Lösung für das Durcheinander des Alltags zu bieten. Patrick Drapac, ein australischer Radsportler, der in Raphas Film Outskirts: Route 66 auftritt, beschreibt die Empfindung so: „Nichts gibt mir solch eine Befriedigung wie auf dem Rad zu sitzen. Es macht süchtig. Ich glaube, jeder Radsportler kann das verstehen. Radfahren ist eine Art ewige Therapie für mich. Immer wieder finde ich dazu zurück.“

Auch die frühere britische Crossmeisterin Helen Wyman kennt die meditativen Qualitäten des Radfahrens. Während ihrer Karriere arbeitete sie in Vollzeit und lernte ihr Rad als einen Zufluchtsort von den Belastungen des Alltags kennen. „Für mich ist ein Fahrrad Freiheit: überall hinzukommen, wann immer du willst und aus eigener Kraft“, sagt sie. „Es gibt nichts Besseres, als an einem sonnigen Tag vom Rückenwind über eine ruhige Landstraße geschoben zu werden, den Vögeln und Grillen zu lauschen und die Welt um sich herum aufzunehmen. Es ist himmlisch.“

Psychologen wie Professor Rob Copeland wissen, dass Radfahren mehr ist als nur der Wind in den Haaren. „Mehrere gut untersuchte psychologische Mechanismen verknüpfen das Radfahren mit dem Wohlbefinden; der erste davon ist Autonomie“, erklärt er. „Über manche Dinge in unserem Leben haben wie wenig oder keine Kontrolle, aber das Radfahren erlaubt es uns, Kontrolle zurückzugewinnen. Man bestimmt die Geschwindigkeit, die Richtung, die man einschlägt und die Dauer der Fahrt. Im Gegensatz zu anderen Lebensbereichen ist man beim Radfahren niemandem verpflichtet.“

Woran denkst du, wenn du auf dem Rad sitzt? Wenn es dir schwerfällt, dich zu erinnern, könnte das daran liegen, dass du oft an nichts Besonderes denkst. Wenn Copeland zuhause in Sheffield auf dem Rad unterwegs ist, hat er wenig Zeit, über die Vergangenheit oder die Zukunft nachzudenken. „Wenn die Beine wehtun, spüren wir das in dem Moment, und es ist alles, woran wir denken können. Wir denken einfach nicht so, wenn wir nicht auf dem Rad sitzen. Viele von uns sorgen sich permanent über die Zukunft oder knabbern an der Vergangenheit. Psychologisch ausgedrückt befinden wir uns in einem Zustand permanenter ,Aktivierung‘, der mit mit einem höheren Spiegel von Stresshormonen einhergeht. Rad zu fahren kann ein wichtiger Rückzugsort sein, eine Zeit, in der man an nichts denken muss.“

Je öfter man fährt, desto öfter kann man auf diese Weise seinen Kopf freimachen. Dazu wird man auf dem Rad stärker und erfahrener. Indem man sich sicherer fühlt, springt ein weiterer starker psychologischer Mechanismus an – etwas, das Copeland als Erfolgserfahrung bezeichnet. „Jeder mag das Gefühl, bei etwas besser zu werden“, erklärt er. „Wie ein Individuum seine Fähigkeit wahrnimmt, eine Aufgabe auszuführen, ist eng mit seinem Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und Wohlbefinden verbunden. Indem wir öfter fahren, verbessern wir uns und werden stärkere, kompetentere Radfahrer. Das wirkt sich natürlich positiv auf den Körper aus, kommt aber, wie man herausgefunden hat, auch der geistigen Gesundheit zugute.“

Die physiologischen Vorzüge regelmäßigen Radfahrens sind wohlbekannt, doch was viele Radfahrer anbeißen lässt und sie dazu bringt, Woche für Woche weiterzumachen, ist das Gefühl, den Kopf freizubekommen. Wenn du den Wind in den Haaren spürst, bist du selbstbestimmt, lebst im Jetzt und bist frei, klar zu denken.
 

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