Wie Geminiani Gino Bartali in den Bergen schlug
„1952 fuhr ich beim Giro für Bianchi, und Fausto [Coppi, Teamkapitän von Bianchi] hatte das Rosa Trikot. Bartali führte die Bergwertung an und die Leute jubelten nur ihm zu. Coppi konnte das nicht ertragen: Er gewann hier gerade den Giro, und die Menge jubelte nur Bartali zu. Am Col du Grand-Saint-Bernard griffen Coppi und ich an, aber 150 Meter vor dem Gipfel ließ uns Bartali stehen.“
„Coppi dachte: ,Scheiße, er wird das Bergtrikot gewinnen und jeder spricht mehr über ihn als über mich.‘
Ich meinte zu Fausto: ‚Was ist das für ein Col, der da vor uns liegt?‘
‚Das ist der Simplon.‘
‚Was erwartet einen da?‘
‚Oh Gott, am Anfang ist er wirklich hart.‘
‚Okay‘, sagte ich. ‚Pass auf, lass mich etwas versuchen.‘
„Und am Simplon, direkt ab dem Fuß des Berges, ging ich zum Angriff über: Bang! Ich habe das Peloton pulverisiert, und Bartali war unter den Pulverisierten. Am Gipfel des Simplon lag ich in Führung und Bartali war ungefähr auf Platz 25. Ich gewann den Bergpreis, Coppi wurde Zweiter und Bartali nur Dritter.“
„Am Abend fragte Coppi: ‚Wie hast du das geschafft? Warum hast du da attackiert?‘
‚Ist dir nie aufgefallen, dass Bartali Schwierigkeiten hat, zu Beginn eines Anstiegs das Tempo zu halten, doch wenn er oben angekommen ist, ist er unschlagbar?
Coppi meinte: ‚Es kam mir nie in den Sinn, dort unten anzugreifen. Daran habe ich nie gedacht.‘
Coppi war stets an der Spitze des Pelotons, aber mir fiel auf, dass Bartali die Berge immer von hinten anging und dass er zu Beginn der Anstiege Schwierigkeiten hatte. Er war immer am Keuchen. Er war Raucher, und sobald es die Straße anstieg, war er immer kurzatmig. Coppi, der immer vorne war, hatte das nie bemerkt. Aber ich.“
Gute Fahrer, so erzählt Raphaël Geminiani, müssen ihre Rivalen genau im Auge behalten. Das bedeutet nicht nur, zu wissen, wo im Peloton sie sind, sondern auch, jedes Detail ihrer Rennweise genau zu verfolgen: von ihren jeweiligen Eigenheiten bis hin zum Inhalt ihrer Taschen. Hier sind drei Geschichten darüber, wie wichtig es ist, aufmerksam zu sein.